Wie fährt man sicher auf dem Weg zur Klimaneutralität?

30.09.2022 | Von Henning Schulze | Energiewende

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Der Weg zur Klimaneutralität – oder besser die Wege – können verschlungen sein. Es gibt viele Möglichkeiten, die große Null noch vor 2045 zu erreichen. Doch nicht jeder Weg ist bezahlbar, nicht jeder Weg wird auch von der Bevölkerung mitgegangen. Energieversorger und Kommunen brauchen hier eine fundierte Analyse, ein Mitnehmen der Menschen und eine stetige Kontrolle von Erreichtem, nicht Erreichtem, noch zu Erreichendem – und ehrlicherweise auch von nicht mehr zu Erreichendem. Dabei geht es nicht ohne einen moderierten Prozess, der alle Stakeholder fair in den Prozess einbezieht.

Energiewende – ein riesiges Infrastrukturprojekt 

Man kann die Energiewende, und in deren Folge die Klimaneutralität, als ein notwendiges riesiges Infrastrukturprojekt begreifen – das größte seit dem Zweiten Weltkrieg. Denn jedes Windrad, jedes Nahwärmenetz, jede Stromleitung, aber auch jede „intelligente“ Straße mit optimierten Ladesäulen für die E-Mobilität betrifft eine Veränderung vorhandener oder die Planung neuer Infrastruktur.

Von einem solchen Großprojekt sind immer die Interessen vieler berührt: u.a. von Anwohnerinnen und Anwohnern, Netzbetreibern, Landwirt*innen, Eigentümer*innen. Während es in der Nachkriegszeit noch mit rein regulatorischen Maßnahmen gelang, die zerstörte Infrastruktur wiederaufzubauen, sind derartige Prozesse heute von demokratischer Teilhabe bestimmt.

Und das muss gemanagt werden. Verantwortlich dafür sind Verwaltungen, etwa auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene. Sie müssen einen tragfähigen Ausgleich schaffen für alle am Prozess Beteiligte oder aber auch Betroffene. Die Verwaltungen sind hier gut beraten, auf erfahrene, auch externe Projektsteuerer und Moderator*innen zu setzen. Denn: Mehr als drei Viertel der weltweit durchgeführten Großprojekte im Bausektor müssten aus Managementperspektive als gescheitert angesehen werden, so der Oxford-Professor Bent Flyvberg in einer 2014 erschienenen Studie. Chaotische Bauphasen, fehlende Zuständigkeiten und letztlich deutlich überschrittene Zeit- und Kostenrahmen – der Flughafen BER lässt grüßen.

Nichts geschieht im luftleeren Raum

Eine Methode, dies zu vermeiden, ist das Issue-focused Multistakeholder-Management. Dabei geht man logischerweise davon aus, dass kein Großprojekt im luftleeren Raum stattfindet, sondern viele Menschen und Interessengruppen – die Stakeholder – betroffen oder involviert sind und Ansprüche haben. Das sind zum einen die an einem Bauwerk direkt Beteiligten, aber eben auch Anwohner*innen, zuständige Politiker*innen, Verbände (etwa aus dem Naturschutzbereich) oder die Medien. Eingesetzt wird diese Methode vorrangig bei öffentlichen Projekten. Hier gilt es, die gemeinsamen Interessen herauszustellen und zu kommunizieren, so dass am Ende alle an einem Strang ziehen.

Deswegen sollte am Anfang eines jeden Projektes eine ausführliche Analyse stehen, wer betroffen wäre oder Ansprüche anmelden könnte. Hilfreich können hier bewährte Methoden der Meinungsforschung sein. Ist dies geschehen, muss auf genau diese Gruppen und Einzelpersonen zugegangen werden. Zuerst hilft eine Information über das Vorhaben und – etwas geschickter – die Einbeziehung in die Planungs- und Realisierungsphasen, falls dies von den Stakeholdern gewünscht wird. So kann es gelingen, auch mit gegensätzlichen Interessen so zu arbeiten, dass ein Vorhaben ohne disruptive Störungen innerhalb der geplanten Zeit- und Kostenparameter umgesetzt werden kann.

Eine weitere Methode ist das Organisation-focused Stakeholder-Management. Es geht davon aus, dass das durchführende Unternehmen oder die Organisation Dreh- und Angelpunkt des Projektes ist. Ein Stakeholder-Management ermittelt hier am Anfang, welche Akteure gegenüber dem Unternehmen und dem Bauvorhaben kritisch eingestellt sind. Das können Verbände sein, aber auch Bürgerorganisationen der Nachbarschaft, konkurrierende Unternehmen oder eigene, skeptische Mitarbeitende.

Kombinierbar bei Großprojekten

Die beschriebenen Methoden gelten nicht nur für die Realisierung von Bauvorhaben, sondern sie sind auf sämtliche Infrastrukturprojekte anwendbar. Zudem schließen beide Methoden einander nicht aus. Sie können auch kombiniert werden, etwa, wenn ein Großunternehmen als Generalauftragnehmer mit der Umsetzung eines öffentlichen Bauwerkes beauftragt wird.

Als Blaupause für groß angelegte Infrastrukturvorhaben kann vielleicht schon bald das Projekt LANDSTADT BAYERN gelten. Es wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) ins Leben gerufen, um die Lebensqualität in den ländlichen Regionen des Freistaats deutlich anzuheben. Letztlich handelt es sich dabei um klassische und zugleich innovative Infrastrukturarbeit.

Geplant ist, gezielt im ländlichen Raum Quartiere zu schaffen, die hinsichtlich der Lebensqualität denen in den Großstädten München, Nürnberg und Augsburg in nichts nachstehen, gleichzeitig aber die Vorzüge ländlichen Lebens bewahren. Zentral sind dabei die Digitalisierung und die mobile Anbindung dieser Quartiere, die auf Brach-, Konversions- und Innenentwicklungsflächen entstehen sollen. Im Sinne der Nachhaltigkeit soll Bauen auf der grünen Wiese vermieden werden.

Das Projekt startete mit einem Wettbewerbsaufruf an alle bayerischen Städte und Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern, von denen schließlich zehn ausgewählt wurden. Bei der Umsetzung der Bewerbungsbeiträge wird ausdrücklich verlangt, auch Bürgerinnen und Bürger mit einzubeziehen.

Lots* begleitete diesen Teil des Modellprojektes mit fachlichem und organisatorischem Know-how. So wurden Matrizen für die verschiedenen Prozesse der Bewerbungsphasen erstellt, die die einzelnen Bewerbungen vergleichbar machten. Die Jurysitzungen werden moderiert und Formate installiert, mit denen sich die Kommunen austauschen können. Zudem steuert Lots* die Kommunikation für alle Stakeholder, etwa über eine Projektwebsite und die Kanäle des verantwortlichen Ministeriums.

Fazit

Moderne Kommunikationsmethoden sorgen dafür, Bau- und Infrastrukturprojekte bei allen Beteiligten bekannt zu machen und führen zudem zu einer höheren Akzeptanz. Gelingt es dann noch, die Beteiligten miteinander zu vernetzen, entspringt daraus nicht nur ein kommunikativer Vorteil für das aktuelle Projekt, sondern auch für zukünftige Vorhaben – und das auf einer erprobten und harmonischen Grundlage.

 

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Henning Schulze

Sei es bei komplexen Bau- und Infrastrukturprojekten oder internen Veränderungsprozessen: Henning Schulze sorgt als erfahrener und empathischer Change- und Konfliktmanager für einen reibungsarmen Projektverlauf.

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