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Tiefengeothermie: Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg | Lots*

Geschrieben von Stefanie Walter | 16.04.2025

Die Tiefengeothermie ist eine Top-Technologie für die klimaneutrale Energieversorgung. Sie kann erneuerbare Wärme grundlastfähig bereitstellen, um damit fossile Energieträger langfristig zu ersetzen. Der Erfolg dieser Technologie entscheidet sich jedoch nicht allein im Ingenieurbüro oder im Bohrfeld, sondern in der öffentlichen Wahrnehmung und mit der Akzeptanz.

Drei Kommunikationsfehler, an denen Geothermieprojekte heute noch scheitern 

Die Erfahrung zeigt: Widerstand gegen Geothermieprojekte ist selten technisch motiviert, sondern eher kommunikativ bedingt. Projekte von Tiefengeothermie scheiterten an öffentlichen Protesten, kritischer Berichterstattung oder politischem Gegenwind. Diese Widerstände sind nicht unvermeidlich. Allerdings: Sie entstehen meist genau dort, wo Kommunikation zu spät, zu unklar oder zu wenig strategisch gedacht wurde. 

Eine aktuelle Umfrage von Lots* zeichnet ein klares Bild: Die Branche ist sich der Bedeutung von Kommunikation grundsätzlich bewusst. Stadtwerke, Versorger und Unternehmen wissen, dass Akzeptanzkommunikation eine entscheidende Rolle spielt. Doch zwischen Wissen und Umsetzung klafft eine erhebliche Lücke. Dabei gibt es drei zentrale Kommunikationsfehler. 

1. Kommunikation wird erst begonnen, wenn es Proteste gibt

Viele Projekte setzen erst dann auf Kommunikation, wenn bereits Widerstand spürbar wird – doch zu diesem Zeitpunkt ist die öffentliche Meinung oft schon festgefügt. Wer erst kommuniziert, wenn es Probleme gibt, hat bereits verloren. 

Kommunikation wird besonders in der Erschließungs- und Bauphase (71,3%) sowie in der Voruntersuchungsphase (70,0 %) betrieben. Oft wird also erst bei Bau-Belastungen reagiert, anstatt proaktiv Akzeptanz zu generieren. Nur 28,8 % werden bereits in der Vorstudienphase aktiv. Das bedeutet: In fast drei Vierteln der Projekte wird die Kommunikation erst dann intensiviert, wenn kritische Fragen und Proteste bereits bestehen. 

2. Kommunikation wird als Einweg-Informationsweitergabe verstanden

Viele Akteur*innen betrachten Kommunikation noch immer als reine Informationsvermittlung: Klassische Formate wie Pressearbeit (86,3 %) und Onlinekommunikation (80,0 %) dominieren, gefolgt von Informationsveranstaltungen (77,5 %) und Printprodukten (59,7 %). Kooperative Verfahren wurden von 50,0 % genannt, 3,8 % konnten keine Aussage dazu treffen.  

Pressemitteilungen, Info-Broschüren oder Websites mit technischen Fakten reichen jedoch nicht aus, um Akzeptanz zu generieren. Die Menschen wollen nicht nur informiert werden, sie wollen mitgestalten. Erfolgreiche Geothermieprojekte setzen deshalb auf echten Dialog – und nicht nur auf einseitige Kommunikation. 

Die Umfrage zeigt auch: 72,4 % der Befragten sehen eine transparente Informationspolitik zwar als zentral, doch nur 26,3 % sehen den Aufbau von Wissen als prioritäre Aufgabe. Das deutet darauf hin, dass viele Unternehmen noch immer daraufsetzen, Fakten zu präsentieren, anstatt Ängste aktiv abzubauen. Dabei wäre genau das wichtig. Denn als größte Probleme werden generell mangelndes Wissen über die Technologie (79,5 %), Ängste in der Bevölkerung (75,6 %) sowie eine kritische Öffentlichkeit und Proteste (62,8 %) genannt. Ein negatives mediales Image wurde von einem Drittel der Befragten angemerkt.

3. Wichtige Stakeholder*innen werden zu spät oder gar nicht eingebunden

Politik, Umweltorganisationen, Wirtschaftsakteur*innen, Bürger*innen-Initiativen – sie alle spielen eine zentrale Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung der Tiefengeothermie. Wer diese Gruppen nicht von Anfang an einbindet, riskiert, dass sie sich gegen das Projekt stellen. 

In der Umfrage wird deutlich, dass viele Unternehmen die Bedeutung des Stakeholder*innen-Managements zwar erkennen, aber es in der Praxis oft unzureichend umsetzen. Frühzeitige Kooperation mit Kommunen, Politik und Multiplikator*innen kann jedoch den Unterschied zwischen Akzeptanz und Blockade bedeuten. 

Die unterschätzte Schlüsselressource: So gelingt Akzeptanzkommunikation

Tiefengeothermie kann ein Gamechanger der Wärmewende sein – wenn die Kommunikation stimmt. Unser Whitepaper zeigt, wie Stadtwerke politische Akzeptanz sichern, Unsicherheiten abbauen und Stakeholder gezielt einbinden. Auf Basis der bislang umfassendsten Branchenbefragung und Expert*innen-Interviews geben wir konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis.

Was jetzt passieren muss:

Wenn die Tiefengeothermie in Deutschland erfolgreich sein soll, muss sich die Kommunikationsstrategie grundlegend verändern. Statt reaktiver Krisenkommunikation braucht es einen proaktiven, strategischen Ansatz, der auf Transparenz, Dialog und Beteiligung setzt. Dazu gibt es vier Bausteine

1. Frühzeitige, ehrliche Kommunikation 

Geothermieprojekte sind komplex, und Menschen misstrauen oft dem, was sie nicht verstehen. Deshalb muss von Anfang an klar kommuniziert werden: 

•    Warum wird dieses Projekt realisiert? 

•    Welche Vorteile hat es für die Region? 

•    Welche Risiken bestehen – und wie werden sie minimiert? 

Frühzeitige Transparenz verhindert das Entstehen von Gerüchten und Fehlinformationen und schafft Vertrauen. 

2. Aktiver Dialog mit Bürger*innen und Stakeholder*innen

Menschen wollen gehört werden. Akzeptanz entsteht nicht durch Informationsblätter, sondern durch direkte Gespräche. Beteiligungsformate wie Bürger*innen-Dialoge, digitale Plattformen oder Workshops mit lokalen Entscheidungsträger*innen sorgen dafür, dass sich die Menschen ernst genommen fühlen – und nicht übergangen.
Best Practices aus anderen Infrastrukturprojekten zeigen, dass frühzeitige Beteiligung dazu führt, dass sich Bürger*innen als Teil des Prozesses fühlen. 

3. Gezieltes Stakeholder*innen-Management 

Kommunale Politik, Umweltverbände, lokale Wirtschaftsakteur*innen – sie alle haben Einfluss auf die öffentliche Meinung. Wer sie frühzeitig einbindet, kann verhindern, dass sich Widerstand formiert. Eine Strategie für gezieltes Stakeholder*innen-Management sollte folgende Fragen beantworten: 

•    Wer sind die relevanten Akteur*innen in der Region? 

•    Welche Interessen haben sie – und wie lassen sie sich in den Prozess einbinden? 

•    Wie können Multiplikator*innen eingebunden werden, um Akzeptanz zu fördern? 

4. Kontinuierliche Begleitung – nicht nur in Krisenzeiten 

Viele Projekte investieren nur dann in Kommunikation, wenn es Probleme gibt. Doch erfolgreiche Akzeptanzkommunikation ist ein langfristiger Prozess. Es reicht nicht, die Bürger*innen in der Anfangsphase zu informieren – die Kommunikation muss über die gesamte Projektdauer hinweg aktiv bleiben. 

Fazit: Wer nichts sagt, verliert

Die Tiefengeothermie ist eine der wichtigsten Zukunftstechnologien für die klimaneutrale Energie- und Wärmeversorgung. Doch der Erfolg dieser Technologie entscheidet sich nicht allein durch technische Machbarkeit – sondern durch gesellschaftliche und lokale Akzeptanz. 
Proteste, Widerstände und kritische öffentliche Diskussionen sind keine Ausnahmefälle, sondern erwartbare Herausforderungen. Sie sind jedoch nicht unüberwindbar – wenn Kommunikation als strategische Aufgabe verstanden wird. 
Die Wahl ist klar: Entweder Tiefengeothermie-Projekte setzen auf vorausschauende, transparente und dialogorientierte Kommunikation oder sie riskieren, dass Widerstände das Projekt verhindern. 
Denn eines ist sicher: Wer selbst nicht kommuniziert, überlässt das Feld den Kritiker*innen.