Warum Kommunikation allein nicht reicht – Erfolgsfaktoren für Mobilitätsprojekte: Dr. Jessica Le Bris liefert aus über 20 Jahren Praxis spannende Einsichten und zeigt, was Kommunen und Projektverantwortliche von Anfang an strategisch mitdenken sollten. Ein realistischer Blick auf das Zusammenspiel von Kommunikation, Beteiligung und Akzeptanz in der Mobilitätswende.
Dr. Jessica Le Bris berät Kommunen und Unternehmen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis. In unserem Forschungsprojekt zur Mobilitätswende bringt sie Impulse zu diesen Fragen ein:
Folgende Fehlannahme hat Le Bris in mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung häufig beobachtet:
„Im Projekt gibt es eine*n Kommunikationsverantwortliche*n – und die Erwartung, dass damit alles abgedeckt ist: Pressearbeit, Social Media, Moderation, Beteiligungsformate, Kampagnenentwicklung, Krisenkommunikation. Aber es ist ja ein riesiger Unterschied, ob ich einen Text schreibe oder eine Social-Media-Kampagne steuere. Und jemand, der eine Kommunikationsstrategie entwickelt, muss andere Kompetenzen mitbringen als jemand, der Bürgerdialoge moderiert. Kommunikation ist ein Sammelbegriff für alles Mögliche.“
Diese Erfahrung teilen wir bei Lots*: Was der Begriff „Kommunikation“ projektspezifisch bedeutet und welche verschiedenen Kompetenzen dafür nötig sind, ist erklärungsbedürftig. Diese Erklärungen liefern gute Kommunikator*innen transparent mit. Und die nötigen Kompetenzen werden bestenfalls von Beginn der Projekte an strategisch eingeplant.
Die Vorstellung, dass jede Entscheidung durch Beteiligung konfliktfrei wird, hält Le Bris für eine Illusion. „Es gibt dieses deutsche Phänomen, dass wir Beteiligung als Allheilmittel für Konsens sehen. Aber manchmal braucht es klare Entscheidungen, weil sehr verschiedene Stakeholder*innen mit weit auseinander liegenden Perspektiven auf komplexe Projekte Einfluss nehmen.“
Also: in Projekten stets eine realistische Erwartungshaltung erarbeiten. „Gut gemachte Kommunikation kann Polarisierung abfedern, aber löst sie nicht zwangsläufig auf. Das Ziel ist also nicht in jedem Fall, dass am Ende alle einer Meinung sind, sondern beispielsweise, dass die jeweiligen Positionen verständlicher werden.“
Sie erinnert sich an ein Beispiel: Bei einer hitzig geführten Debatte über die Umgestaltung eines Straßenraums – Parkplätze weg, Aufenthalts- und Spielflächen hin – brachte eine Dialogplattform die Kontrahenten ins Gespräch. Nach der Veranstaltung sagte einer zu Jessica Le Bris: „Ich finde es immer noch Mist, aber ich verstehe jetzt zumindest die andere Seite.“
Wie verändert Kommunikation Mobilität wirklich?
Das untersuchen wir aktuell im Lots*-Forschungsprojekt zur Mobilitätswende – gemeinsam mit 18 Partnerorganisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie vier Wissenschaftler*innen.