Der Kommunale Wärmeplan (KWP) wird für Kommunen ab 10.000 Einwohner*innen schon ab dem kommendem Jahr verpflichtend. So sieht es der entsprechende Referentenentwurf aus dem Bauministerium vor. Jede Kommune ist anders, jede hat andere Potenziale und andere finanzielle Möglichkeiten. Deswegen muss schon bei der Gestaltung des KWP auf eine strikte Individualisierung geachtet werden.
Klar ist schon jetzt (und das wird im Referentenentwurf aufgrund zahlreicher zu erhebender Daten deutlich): Die kommunale Wärmeplanung erfordert, alle Stakeholder*innen sowohl in der internen als auch in der externen Kommunikation umfassend einzubeziehen. In der Startphase sollte auf das Positive und die Chancen des kommunalen Wärmeplans hingewiesen werden. Nur so erkennen alle beteiligten Parteien einen Nutzen für sich. Schlagworte sind: Versorgungssicherheit, Preisstabilität und zukunftsfähige Wärmeversorgung.
Dazu sind neben den beteiligten Ämtern auch Entscheidungsträger*innen aus kommunalen Versorgungsunternehmen, Industrie und Gewerbe sowie der Wohnungswirtschaft notwendig. Externe Berater*innen wie Wärmeplaner*innen, Rechtsberater*innen, Datenspezialist*innen und Kommunikationsexpert*innen sollten ebenfalls frühzeitig einbezogen werden.
Bei dieser Vielzahl an beteiligten Akteur*innen ergibt sich auch ein deutlicher Mehraufwand an Kommunikation und Moderation. Das kann mit Spezialist*innen für interne und externe Kommunikation sowie Moderator*innen gelöst werden, die die verschiedenen Interessen der Stakeholder*innen kennen und auf diese eingehen können. Nur durch die so gewährleistete Transparenz kann bei allen Beteiligten Akzeptanz erreicht werden. Und nur so ist es möglich, Interessenkonflikte zwischen ihnen rechtzeitig zu erkennen und durch Moderation einen Konsens zu erreichen.
Eigene Stabstelle einrichten
Für die Koordination aller Aktivitäten auf dem Weg zum Kommunalen Wärmeplan bietet es sich an, eine spezialisierte Stabsstelle einzurichten und diese direkt an den*die Oberbürgermeister*in oder den*die Bürgermeister*in anzubinden. Diese Stelle ist für die Organisation und Projektleitung des gesamten Wärmekonzepts zuständig und koordiniert alle erforderlichen Stellen wie Bauämter, Umweltämter und kommunale Energietöchter. Auch die externe Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit fallen in ihren Aufgabenbereich. Dabei muss die Stabsstelle Wege finden, Stakeholder*innen optimal einzubinden und geeignete Formate zu identifizieren.
Das Beispiel Halle an der Saale
In Halle an der Saale wird schon seit vielen Jahren an der Wärmewende gearbeitet – ganz ohne rechtlichen Zwang. Die größte Stadt Sachsen-Anhalts hat derzeit einen CO2-Ausstoß von 4,2 Tonnen pro Kopf, während es bundesweit 8 Tonnen sind. Um diesen bereits erarbeiteten Vorsprung im Vergleich zu Sachsen-Anhalt und dem Rest Deutschlands zu halten, wird gemeinsam mit Partnern ein ambitionierter Plan zur Klimaneutralität noch vor 2045 umgesetzt.
Unter der Führung der Stadtwerke Halle-Gruppe (SWH) und ihres Energieversorgers EVH haben sich bereits 2016 verschiedene Unternehmen und Institutionen in der Energie-Initiative zusammengeschlossen. Zu den Partner*innen gehören die Stadt selbst, die Wohnungswirtschaft, Krankenhäuser, Gewerbe- und Industriebetriebe sowie Forschungseinrichtungen wie die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 2022 wurde aus dieser Gruppe das Programm „Roadmap <2045“ entwickelt.
Zentrale Punkte sind dabei die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien, die Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung und die Verbesserung der Energieeffizienz – und das alles wirtschaftlich und sozial verträglich, also letztlich für alle bezahlbar. Eine der größten Herausforderungen ist die Moderation, Koordination und Kommunikation mit allen Beteiligten. Um dies zu bewältigen, wurde Lots* als externe Beratung zu Fragen der Kommunikation hinzugezogen.
Die Kommunikation ist wie folgt organisiert:
Die Geschäftsführer der beteiligten Unternehmen sind in einem Lenkungskreis organisiert. Sie geben in regelmäßigen Sitzungen die Linie und die Grundzüge der Maßnahmen vor. Darunter sind zwei Arbeitsgruppen mit Fachleuten angesiedelt, eine für die technische Umsetzung, eine für die Kommunikation.
Antje Prochnow, Leiterin der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke Halle, ist federführend bei der Kommunikation des Gesamtprozesses gegenüber der Öffentlichkeit, den Medien und den Mitarbeitenden. Die Diskussionen und Treffen mit allen Beteiligten spielen eine wichtige Rolle bei der Erarbeitung einer Roadmap, auf der letztendlich die Strategie für die Klimaneutralität bis 2045 basiert.
Dr. Katja Nowak, Programmleiterin für die Roadmap bei EVH, betont, dass das Ziel der Klimaneutralität nur gemeinsam mit den Kund*innen erreicht werden kann. Sie arbeitet mit vielen Kolleg*innen an dem Transformationsprozess hin zur Klimaneutralität. Die Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung kann nur mit neuen regenerativen Erzeugungskapazitäten erreicht werden. Die Transformation wird gemeinsam mit allen Partner*innen angegangen, und es wird das technische Know-how der Partner*innen genutzt.
Die Partnerunternehmen entsenden Fachleute für die technischen Aspekte und für Kommunikation in die Arbeitsgruppen. So vertritt beispielsweise Andrea Drese, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei der GWG Halle-Neustadt mbH, einen der größten Energiekunden in Halle in der Energie-Initiative. Die GWG sorgt in den Gremien dafür, dass auch in Zukunft Mieter*innen eine sichere und bezahlbare Wärmeversorgung bekommen.
Das Beispiel Hansestadt Rostock
Rostock hat sich ehrgeizige Ziele im Bereich Klimaschutz gesetzt, unter anderem mit dem „Masterplan 100 % Klimaschutz“ von 2014 und dem Beschluss der Bürgerschaft zur „Klimaneutralität 2035“ im Jahr 2020. Die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien ist dabei der wichtigste Hebel zur Reduzierung von CO2-Emissionen und stellt eine große Aufgabe dar.
Der Wärmeplan identifiziert Potenziale, zeigt technische Möglichkeiten auf und entwickelt ambitioniert-realistische Szenarien für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Er benennt auch Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Denn die bevorstehenden Investitionen erfordern eine langfristige Planungssicherheit für alle. Das setzt wiederum das Vertrauen der Akteure untereinander und in verlässliche Partner*innen voraus. Die kommunale Politik, die Stadtverwaltung, die Stadtwerke, private und kommunale Unternehmen sowie Wohnungsunternehmen, Hauseigentümer*innen und Mieter*innen sind aufgefordert, diesen Transformationsprozess zu unterstützen.
Von Anfang an war klar, dass die Einbindung zahlreicher Akteur*innen für eine breite Akzeptanz des Wärmeplans notwendig ist. Aus diesem Grund wurde die Projektgruppe Wärmeplan ins Leben gerufen, die den Erstellungsprozess begleitet hat. Die vielfältige und interdisziplinäre Zusammensetzung der Mitglieder spiegelte die verschiedenen Betroffenheiten und Interessen im komplexen Transformationsprozess der Wärmewende wider. Ziele, Interessen, Rahmenbedingungen und Grenzen wurden in offenen und konstruktiven Gesprächen diskutiert und flossen in die Ausarbeitung des Wärmeplans ein.
Ein Wärmebeirat soll nun als Instanz dienen, um eine breite Beteiligung und Expertise in die Planungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden. Er setzt sich aus Vertreter*innen verschiedener Interessengruppen, darunter Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Experten aus dem Energiesektor und der Verwaltung, zusammen. Durch diese vielfältige Zusammensetzung sollen unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen in die Diskussion und Entscheidungsfindung einfließen.
Etabliert wird auch eine ämterübergreifenden Arbeitsstruktur für eine integrierte Planung in den energetischen Sanierungsgebieten. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Ämtern und Behörden sollen Synergien genutzt und eine effiziente Umsetzung der energetischen Sanierungsmaßnahmen gewährleistet werden.
Darüber hinaus wird ein Beteiligungsformat „Bündnis für Wohnen - AG Energieeffizienz“ als Diskussions-, Arbeits- und Koordinationsplattform geschaffen. Es soll eine effektive Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den relevanten Akteuren ermöglichen und den Informationsaustausch sowie die Abstimmung von Maßnahmen fördern. Um die Bevölkerung umfassend zu informieren und das Bewusstsein für den Wärmeplan zu stärken, wird gezielt Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit betrieben.
Fazit
Der kommunale Wärmeplan kann nur gelingen, wenn das Vertrauen unter allen Beteiligten groß ist. Das ist nur mit Transparenz möglich, die wiederum nur mit geeigneten Kommunikationsmitteln und -experten herzustellen ist.