Wie Kommunen zu grüner Energie kommen

16.01.2023 | Von Henning Schulze | Energiewende

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Wenn Kommunen und die ihr angehörenden Versorgungsunternehmen grün werden wollen, geht das nur über nachhaltig und regenerativ erzeugte Energieträger oder Technologien, die Energie auf diese Weise erzeugen können. Wie das gelingen kann, ist überall anders und doch vergleichbar. Einige Entwicklungen, die diesen Umstieg auch ökonomisch verkraftbar machen, zeichnen sich jetzt schon ab.

Stadtwerke landauf, landab stehen unter einem enormen Transformationsdruck und investieren derzeit in grüne Energien. Die neue Stadtwerkestudie vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und EY Ernst & Young vom Juni 2022 sieht die Dekarbonisierung ganz oben auf den Agenden der Energieversorger. Für 72 Prozent der deutschen Stadtwerke spielte demnach die Dekarbonisierung im vergangenen Jahr eine entscheidende Rolle. Gleichzeitig verfügen bisher nur etwa ein Drittel eine eigene Dekarbonisierungsstrategie. Neben der Notwendigkeit von Kooperationen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Branche, ist die Eigenerzeugung eine wesentliche Säule dieser Strategien.

STAWAG: Klimaneutral bis 2030 mit eigener Erzeugung

Ein Beispiel dafür, wie Stadtwerke das Thema angehen, ist die STAWAG. Der Aachener Kommunalversorger will bis 2030 eine klimafreundliche Energieversorgung aufgebaut haben. Dazu gehört eine 100-prozentige Versorgung mit grünem Strom, der bereits von 20 Windparks und 12 Solarfeldern produziert wird. Weitere 40 Windkraftprojekte sind in Planung. Um diese fluktuierenden Energien zu speichern, beteiligte sich das Unternehmen zu 50 Prozent an einem Pumpspeicherkraftwerk – eine Speicherform, die mit einem Wirkungsgrad von etwa 80 Prozent energetisch recht günstig ist. Auch Windstrom soll in Form von Wasserstoff in Zukunft per Elektrolyse gespeichert werden.

Die Wärme im Wärmenetz wird schon heute von sieben Blockheizkraftwerken erzeugt, die mit Biomethan betrieben werden. Die noch fossilen Kapazitäten werden bis 2030 durch Geothermie, Solarthermie und klimaneutrale Kraft-Wärme-Kopplungslösungen ersetzt. Für Besitzer von Öl- und Gaskesseln gibt es ein Förderprogramm zum Umtausch auf klimafreundliche Technologien.

ENTAGA: Klimaneutral mit Wasserkraft

Doch nicht jedes Stadtwerk hat die Möglichkeit, erneuerbare Energie selbst und in ausreichender Menge auf dem Gebiet der eigenen Kommune zu produzieren. So auch der Darmstädter Versorger ENTEGA. Er wird ab 2024 Strom aus Wasserkraftwerken von Uniper beziehen und mit diesen 300 GWh jährlich einen Großteil des Bedarfs in seinem Versorgungsgebiet nachhaltig abdecken können. Zugrunde liegt dem ein Power Purchase Agreement (PPA) bis 2028.

Diese Stromkaufvereinbarungen liegen gerade im Trend. Ein Beispiel findet sich bei Schoenergie in der Gemeinde Nalbach im Landkreis Saarlouis. Hier wird die größte Photovoltaik-Freiflächenanlage des Saarlands errichtet. Sie wird 7,4 MW leisten. Der Strom wird über die Stadtwerke Trier vertrieben.

Stadtwerke Tübingen: Wind-Solar-Mix

Ein ähnliches Modell, jedoch mit einem anderen Energieträger, fahren die Stadtwerke Tübingen. Sie beteiligen sich etwa an Windparks in Rheinland-Pfalz. Seit Juni 2022 wird zudem der Wahlheimer Solarpark betrieben – in seiner Kombination mit Batteriespeichern ein Pionierprojekt in Deutschland. Auch der Solarpark in Aulendorf wird von den Tübingern betrieben. Mit solchen Projekten wollen sie bis 2024 75 Prozent des eigenen Strombedarfes regenerativ erzeugen.

PPA schnelle Garanten für grünen Strom

PPA werden immer zwischen Energieproduzenten und großen Stromkunden, eben auch kommunalen, geschlossen. Zweck ist es, den Anteil an erneuerbaren Energien im Portfolio zu erhöhen, zügig und zu vertretbaren Konditionen jenseits einer Vergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Damit beliefert der Großkunde wiederum seine Kund*innen: Etwa Produktionsbetriebe, die immer dringender auf den Bezug grüner Energien angewiesen sind, wenn sie beispielsweise gegenüber ihrem Hauptauftraggeber eine neutrale Klimabilanz ihrer Vorprodukte nachweisen müssen.

Wirtschaftliche Beteiligungen: Kommunikation ist das A und O

Solche Projekte bedürfen hinsichtlich ihrer Akzeptanz auch immer einer Kommunikation mit allen Beteiligten. Oder am besten aller Beteiligten untereinander. Besonders gut lässt sich Akzeptanz erzielen, wenn die Bürger*innen in den betreffenden Kommunen an den Projekten frühzeitig einbezogen werden, etwa in den Planungsphasen, in denen eine Teilnahme möglich ist, oder mit der Aussicht auf stabile und nachhaltig gestaltete Energietarife oder mit direkten wirtschaftlichen Beteiligungen an den Anlagen und möglichen Gewinnen.

In Baden-Württemberg sollen in jeder der 12 Regionen gut 2 Prozent der Fläche für Windräder und PV-Anlagen reserviert werden. Alle Regionalverbände haben dazu einen Dialog gestartet, der sich an alle Bürger*innen richtet.

Das, was im Südwesten landesweit in Planung ist, ist aber auch dort schon (vereinzelt) Realität. Auch hier sind die Stadtwerke Tübingen einer der Pioniere. So entsteht mit Hilfe von vier Energiegenossenschaften der Windpark Starzach, der 2027 ans Netz gehen soll.

In der Oberlausitz wird ein Windpark unter Beteiligung der Bürger*innen entstehen. 33 Windkrafträder sollen hier in der Nähe der Gemeinde Schleife 200 MW leisten – eine Größe, die einem Gaskraftwerk in einer großen Kommune entspricht. Da es kritische Stimmen von Naturschützer*innen gibt, soll die Akzeptanz mit einem Modell erhöht werden, das eine Gewinnbeteiligung vorsieht.

Der nordrhein-westfälische Kreis Steinfurt will 2040 klimaneutral sein. Leitlinien sollen schon seit 10 Jahren eine umfassende Beteiligung der Bürger*innen, insbesondere bei Windkraftprojekten, garantieren. Inzwischen wurden diese Leitlinien auch um die Beteiligungsmöglichkeiten an PV-Anlagen ergänzt. Sie sollen für eine maximale Akzeptanz sowie regionale Wertschöpfung sorgen. „Durch umfangreiche Bürgerbeteiligung ist es im Kreis Steinfurt gelungen, dass die breite Bevölkerung dem Ausbau der Windenergie in unserer Region positiv gegenübersteht und ihn befürwortet“, sagt Landrat Martin Sommer. Und: „Dies ist ein entscheidender Faktor. Denn eine unabhängige Energieversorgung ist nur möglich, wenn sie von einer breiten Mehrheit getragen wird.“

Fazit

Energiewendeprojekte auf kommunaler Ebene gelingen gerade aufgrund der Nähe zu den Bürger*innen immer nur mit deren Akzeptanz, im besten Falle sogar mit deren Unterstützung. Kommunen und kommunale Versorger sind also gut beraten, schon in der Ideenphase Kommunikation zu setzen. Alle Beteiligten, vor allem Bürger*innen, aber auch Interessengruppen, Landbesitzer*innen sowie Vertreter*innen der Wirtschaft müssen an einen Tisch gebracht werden, um optimale Lösungen zu finden und eine hohe Akzeptanz zu erreichen.

Das vermeidet spätere Einsprüche gegen Projekte, die erneuerbare Energien vor der eigenen Haustür befördern sollen, und spart somit Zeit, Kraft und Geld. Zwar hat die Bundesregierung einige rechtliche Hürden entschärft. Doch die Praxis zeigt nach wie vor, dass genau die Problematik der Einsprüche und damit von Verzögerungen weiterbesteht. Hier kann gute Kommunikation und der Einbezug von Beteiligungs-Expert*innen helfen.

 

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Henning Schulze

Sei es bei komplexen Bau- und Infrastrukturprojekten oder internen Veränderungsprozessen: Henning Schulze sorgt als erfahrener und empathischer Change- und Konfliktmanager für einen reibungsarmen Projektverlauf.

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