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Klima­neutralität braucht Kooperation, Koordination und Kommunikation

Geschrieben von Henning Schulze | 02.12.2022

Kein Stadtwerk kann die Klimaneutralität aus eigener Kraft erreichen. Neben den Eigentümer*innen sind es vor allem Stadtwerke-Verbünde sowie Beratungsunternehmen, die diesen Prozess begleiten und moderieren. Damit wird es überhaupt erst möglich, notwendige Technologien und Verfahren zu installieren.

Wie Kommunen und kommunale Versorger den Weg in Richtung Klimaneutralität gehen sollen, lässt sich aus der ESG-Verordnung der EU für die Finanz- und Immobilienwirtschaft ablesen. Die Verordnung legt bestimmte Pflichten der Offenlegung von Geschäftspraktiken fest, wobei das Kürzel „ESG“ für Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) steht.

Die ESG-Kriterien sollen ein einheitliches Verständnis für Wirtschaftstätigkeiten herausbilden. Es spricht einiges dafür, dass die Verordnung auch für die kommunalen Versorgungsbetriebe relevant werden wird. Sie will nationale Kennzeichnungssysteme zusammenführen und Unternehmen verpflichten, Nachhaltigkeit als zentrales und transparentes Kriterium aufzunehmen.

ESG als Grundlage

Bestehende Verbünde zwischen kommunalen Unternehmen haben das bereits erkannt und bieten ihren Mitgliedern entsprechende Beratung und Begleitung an. Die STEAG, die einem Konsortium von mehreren Stadtwerken gehört, hat bereits 2020 ein ESG-Rating erfolgreich abgeschlossen. Die Thüga, die über 100 kommunale Versorger vertritt und damit hierzulande der größte Verbund seiner Art ist, hat sich 2022 erstmals einem ESG-Rating unterzogen. Die Ratingagentur ISS ESG vergab die Note C, die dem Prime-Status entspricht. Dass dies auf Anhieb gelang, zeigt auch, dass kommunale Versorger von jeher eher nachhaltig wirtschaften. Davon profitieren letztlich alle Mitglieder.

Im Bereich Environment geht es um Klimaneutralität der Kommunen und kommunalen Versorger – etwa indem graue, durch Baumaterialien bei Infrastrukturprojekten verbrauchte Energie und die Betriebsmittel sowie Energieträger „grün“ werden. Im Bereich Social sind beispielsweise Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie ein Miteinander und Vielfalt ermöglichen. Für den Bereich Governance gilt eine hohe Transparenz aller Prozesse auch in der Wandlung hin zur Klimaneutralität. Dies kann nur mit einer ausreichenden Moderation gelingen, die heiße Eisen nicht ausspart und jederzeit auf die Lösung auch neu entstehender Probleme abzielt. Doch wie lässt sich das erreichen?

10 Schritte zur Klimaneutralität

Folgende Schritte können ein Wegweiser sein:

1. Die Kommune und ihre Betriebe erfassen alle CO2- und Treibhausgasemissionen anhand gängiger Standards. Für eine Partnerschaft kommen hier erfahrene Zertifizierungsunternehmen infrage. Sie durchleuchten Energieverbrauch, bauliche Vorhaben und alle Betriebskosten bis hin zu Reisekosten und Arbeitsplätzen.

2. Alle Verträge, die Energielieferungen betreffen, kommen auf den Prüfstand. Das gilt sowohl für den Eigenbezug als auch für gelieferte Energie, etwa durch Stadtwerke. Denn auch die kann jede Menge fossile Energie enthalten, die sich als CO2-Emission negativ auf die eigene Bilanz auswirkt. Gleichzeitig wird ermittelt, wie diese Energielieferungen klimaneutral werden können, etwa durch Technologiewechsel (Großwärmepumpen statt fossiler KWK etwa bei der Fernwärmeversorgung oder Biogas anstelle von Erdgas).

3. Lässt sich ein Umstieg auf klimaneutrale Energieversorgung nicht mit den bisherigen Partner*innen lösen, sind die benötigten Energiemengen mit der Forderung nach Klimaneutralität für die Zukunft neu auszuschreiben. Alternativ sind auch eigene Investitionen denkbar, etwa in die eigene Stromerzeugung durch Windkraft oder Photovoltaik.

4. Die eigene Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien wird parallel dazu vorangetrieben. Da die investiv günstigsten Technologien (Photovoltaik, Windkraft) per se fluktuieren, sollten dabei Energiespeicherlösungen mitgedacht und mitgeplant werden.

5. Alle neuen Baumaßnahmen werden auf ihre energetische Bilanz im Bau (1/4 der Energie) und im Betrieb (3/4 der Energie bei einem 50-jährigen Betrieb) durchleuchtet. Zum Einsatz kommen dürfen nur noch nachhaltige Materialien, die wiederverwertet oder recycelt werden können.

6. Bei allen Immobilien im Besitz der Kommune und ihren Betrieben sind die graue Energie und die Verbräuche zu ermitteln. Wesentlich ist dabei auch, alle verwendeten Baumaterialen hinsichtlich Recyclingfähigkeit oder Wiederverwertbarkeit zu erfassen.

7. Energieeinsparungsmöglichkeiten müssen in jeder Bestandsimmobilie ermittelt und ausgenutzt werden. Dabei helfen digitale Techniken.

8. Sämtliche Betriebsströme gilt es zu erfassen. Papierfreie Büros, klimaneutral zurückgelegte Arbeitswege oder eine mit selbst erzeugtem Strom fahrende Fahrzeugflotte bis hin zu Bussen, Bahnen und Müllfahrzeugen sind etwa Minimalziele.

9. In diesen Prozess sind alle Mitarbeiter*innen einzubeziehen. Nur so kann das Unterfangen klimaneutrale Unternehmen und die klimaneutrale Kommune gelingen. Das geht Hand in Hand mit transparenten Prozessen in den Unternehmen und Kommunen.
 
10. Ist eine Bilanz gezogen, lässt sich das CO2-Restbudget errechnen. Dieses sollte durch einen erfahrenen Zertifizierer klimaneutral gestellt werden.
 

Für so gut wie jeden dieser Schritte braucht man Partnerschaften. Das Ermitteln der eigenen CO2-Emissionen inklusive Äquivalenten ist eine Wissenschaft für sich und wird von speziell dafür aufgestellten Organisationen geleistet. Die Installation neuer Energieerzeugungsanlagen kann sicher von jeder Kommunalversorgung selbst in die Hand genommen werden. Potenzialanalysen und Prognosen sind jedoch wiederum ein Feld für Spezialist*innen, die auch den nötigen Rechtshintergrund mitbringen. Schließlich gilt es, die Restemissionen mittels eines Zertifizierungsunternehmens im Verbund mit dessen anerkannten Partner*innen zu bewältigen.

Mitarbeiter*innen mitnehmen

Über all dem steht die Kommunikation mit den Mitarbeiter*innen. Sie müssen auf das Vorhaben eingestimmt und auf die Reise in die Klimaneutralität mitgenommen werden. Denn ein Unternehmen kann nur dann klimaneutral sein, wenn seine Mitarbeiter*innen dieses Ziel mittragen und in ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

Der Prozess des Wandels bedarf einer ständigen Moderation zwischen Unternehmensführung, externen Partnerschaften und den Mitarbeiter*innen. Denn: Zahlreiche Hindernisse und Chancen werden sich ergeben, die am Anfang des Weges noch nicht zu erkennen waren. Lots* steht für genau diese Art der Kommunikation. Wir bringen alle Partner*innen in einer kreativen und vor allem ergiebigen Atmosphäre an einen Tisch, für Kooperation hin zur Klimaneutralität.