„Kommunikation ist wichtig, um frühzeitig Akzeptanz zu schaffen“

03.05.2024 | Von Caroline Günther | Verkehrswende

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Martin Köhler ist Verkehrsplaner bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB). Im Gespräch gibt er uns Einblicke in seine Erfahrungen mit Verkehrsversuchen, die wesentlichen Erkenntnisse daraus und erörtert, wie durch effektive Kommunikationsstrategien die Akzeptanz und Beteiligung der Bevölkerung an neuen Verkehrskonzepten gestärkt werden kann.

Herr Köhler, Sie sind Verkehrsplaner bei den Leipziger Verkehrsbetrieben und Teil des Projektteams „Liniennetz der Zukunft“. Können Sie uns etwas über Ihre Erfahrungen mit Verkehrsversuchen berichten?

Martin Köhler: Im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche im September 2022 haben wir einen einwöchigen Verkehrsversuch mit einem Quartiersbus durchgeführt, der zwischen Reudnitz, Koehlerstraße und der Ostfeuerwache in Leipzig verkehrte. Dabei haben wir eine Umfrage bei den Fahrgästen durchgeführt, um zu bewerten, wie ein zukünftiges Angebot angenommen werden würde.

Der Verkehrsversuch war entscheidend, um Erkenntnisse für das „Liniennetz der Zukunft“ zu gewinnen. Nach dem Stadtratsbeschluss (Mitte Dezember 2023) wurde ein Quartierbus zwischen Reudnitz und Anger-Crottendorf zum Ende Februar in Betrieb genommen, zunächst als Vorlaufbetrieb.

Welche Erkenntnisse haben Sie konkret aus diesem Versuch gewonnen?

Martin Köhler: Wir stellten fest, dass großes Interesse seitens der Bürger*innen bestand. Aufgrund der hohen Nachfrage konnten wir zudem erkennen, dass eine Erschließung des ÖPNV hier erforderlich ist. Die Fahrgastbefragung lieferte weitere wertvolle Einsichten, insbesondere bezüglich der idealen Linienführung des zukünftigen Busangebotes, der Lage der Haltestellen und weiteren Hinweisen von Fahrgästen.

Wie wichtig ist Kommunikation bei Verkehrsversuchen Ihrer Meinung nach?

Martin Köhler: Kommunikation spielt eine entscheidende Rolle. Die beste Idee ist nutzlos, wenn sie nicht angemessen kommuniziert wird. Es ist wichtig, nicht nur die Einführung einer neuen Buslinie zu planen, sondern auch die Menschen darüber zu informieren und sie einzubeziehen. Dies spiegelt sich auch in dem Teil des Budgets wider, den die Leipziger Verkehrsbetriebe mittlerweile für Kommunikation investieren.

In welcher Phase des Prozesses ist Kommunikation besonders wichtig?

Martin Köhler: Kommunikation ist besonders wichtig, um frühzeitig Akzeptanz zu schaffen. Bei unserem Projekt „Liniennetz der Zukunft“ begann die Beteiligung bereits vor zwei Jahren. Zum Beispiel mit einem virtuellen Liniennetzplan, auf dem Bürger*innen Kommentare an Linien und Haltestellen hinterlassen konnten. Dies ermöglichte es uns, ein umfassendes Bild von den Bedürfnissen und Prioritäten der Bevölkerung zu erhalten.

Welche Rolle spielt die interne Kommunikation bei Verkehrsversuchen?

Martin Köhler: Die interne Kommunikation ist mindestens genauso wichtig! In unserem Unternehmen ist es entscheidend, dass zum Beispiel das Fahrpersonal sowie andere interne Interessengruppen das Projekt unterstützen und dahinterstehen. Durch den frühzeitigen Dialog konnten wir schon oftmals interne Widerstände überwinden und eine breite Unterstützung im Unternehmen sicherstellen. Außerdem konnten wir mit ihren wertvollen Hinweisen auf ihre Bedürfnisse eingehen, die wiederum in unsere Planung einfließen konnten.

Was haben Sie aus diesen Erfahrungen gelernt?

Martin Köhler: Ich habe erkannt, wie wichtig es ist, erstmal zu zuhören. Darüber hinaus: eine offene Kommunikation sowie einen Dialog mit verschiedenen Interessengruppen zu führen. Es reicht nicht aus, eine rein positive Kommunikation zu betreiben, sondern auch kritische Inhalte anzusprechen und in den konstruktiven Diskurs zu gehen. Wir haben bereits mehrfach erlebt, wie wertvoll es ist, den externen Dialog zu führen.

Letztendlich teilen wir mit vielen Verbänden und Initiativen dieselben Ziele, besonders mit Blick auf Nachhaltigkeit und die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel wie ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr. Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir die Verkehrswende vorantreiben, sei es durch die Reduzierung des Autoverkehrs oder die Forderung nach dem Ausbau der Infrastruktur. Ich finde, dass dies ein wichtiger Schritt ist und sehe hier großes Potenzial.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Martin Köhler: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir in Bezug auf die Kommunikation mutiger werden. Ich möchte, dass wir uns trauen, neue Wege zu gehen und die Kommunikation weiter intensivieren – und Informationen noch früher teilen. Auch wenn dies bedeutet, Projektmitstreiter*innen erst einmal davon zu überzeugen.

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Caroline Günther

Unsere Marketingexpertin Caroline ist das Epizentrum der Lots*schen Außendarstellung. Sie sorgt dafür, dass die Welt von dem erfährt, was wir tun. Wie wir es tun. Warum wir es tun. Natürlich gibt Caroline dieses Wissen auch an unsere Kund*innen weiter. Der Vorteil: Alle Tipps und Tricks sind garantiert praxiserprobt und an unserer eigenen Agentur getestet.

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