Die Wege zur Klimaneutralität sind vielfältig. Die Stadtwerke Halle-Gruppe setzt auf eine bereits bestehende Energie-Initiative, die seit vielen Jahren Entscheidungsträger*innen aus Verwaltung, Energiewirtschaft, Industrie und Wohnungswirtschaft zusammenbringt. Eine Roadmap, die von den Stadtwerken Halle und der EVH erarbeitet wurde, soll den Weg weisen, der auch sozialverträglich und bezahlbar bleiben soll und muss.
2045 sollen alle Sektoren in Deutschland klimaneutral sein. So wurde es im Klimaschutzgesetz von der Bundesregierung verankert. Auch wenn das aktuell etwa für den Verkehr und den Gebäudebereich etwas aufgeweicht wurde: Die Stadtwerke Halle an der Saale halten an den Zielen fest und gehen noch einen Schritt weiter.
Halle (Saale) hat derzeit einen CO2-Ausstoß von 4,2 Tonnen pro Kopf, bundesweit sind es 8 Tonnen. Um diesen bereits erarbeiteten Vorsprung im sachsen-anhaltischen und bundesweiten Vergleich zu halten, wird gemeinsam mit Partner*innen ein ambitionierter Plan zur Klimaneutralität noch vor 2045 umgesetzt.
Unter Führung der EVH, einem Unternehmen der Stadtwerke Halle GmbH, schlossen sich schon 2016 verschiedene Unternehmen und Institutionen in der Energie-Initiative zusammen. Zu den Partnern gehören die Stadt selbst, die Wohnungswirtschaft, Krankenhäuser, Gewerbe- und Industriebetriebe sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen wie die Martin-Luther-Universität. 2022 entstand aus diesem Kreis das Programm „Roadmap Klimaneutralität“.
Ein Kernpunkt ist dabei die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien und natürlich die Verbesserung der Energieeffizienz – und das wirtschaftlich, sozial verträglich, also letztlich für alle bezahlbar. Eine der größten Herausforderungen dabei ist die Moderation, Koordination und Kommunikation mit allen Beteiligten. Hierzu zogen die Verantwortlichen externen Sachverstand hinzu – in Form der Leipziger Agentur Lots*, die sich auf Kommunikation und Moderation in kommunalen Strukturen spezialisiert hat. Denn: Ein Selbstläufer ist solch ein Prozess nicht.
Die Konzernsprecherin: Lenkerin und Moderatorin
Antje Prochnow ist Leiterin der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke Halle und bei der Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit federführend. „Wir bringen alle Beteiligten Kommunikatoren regelmäßig an einen Tisch, auch mal ganz spontan. Und da wird intensiv diskutiert“, erklärt Prochnow. So wurde beispielsweise ein Positionspapier zur Energiekrise erarbeitet, welches aus der Zusammenarbeit im Rahmen der Roadmap Klimaneutralität entstanden ist.
Installiert wurde im Rahmen der Roadmap ein Lenkungskreis, der die strategische Ausrichtung auf Geschäftsführerebene klärt, sowie zwei Arbeitsgruppen, eine fürs fachliche und eine fürs kommunikative. Gerade die Arbeitsgruppe Kommunikation, so Prochnow, sei aufgrund der vielen Beteiligten und der notwendigen Information der Öffentlichkeit nun mal wesentlich: „Bisher findet die Diskussion um Klimaneutralität und Energiekrise hauptsächlich auf politischer Ebene statt. Wir sind schon an dem Punkt, wo wir auch mit der Öffentlichkeit kommunizieren müssen. Hier geht es um Transparenz zwischen den Partnern, und um ein gemeinsames Verständnis für die notwendigen Maßnahmen, auch wenn diese mit Einschnitten verbunden sind. Das ist nun unsere Herausforderung.“
Gerade für die Bürger*innenbeteiligung seien Multiplikatoren wichtig. Denn letztlich platzieren sie das Thema und sollten daher auch in der Lage sein, zu erklären, was Klimaneutralität und Transformationsprozesse auslösen könnten. Ziel sei es zwar, klimaneutral zu werden. Es sei jedoch auch wichtig, vorher dafür Wege zu finden, die auch sozialverträglich und bezahlbar bleiben.
Die Energieversorgerin: Kollektive Problemlöserin
Dr. Katja Nowak ist Programmleitern für die Roadmap und beim halleschen Energieversorger (EVH) tätig. Dort erarbeitet sie mit vielen Kollegen den Transformationsprozess hin zur Klimaneutralität. „Nicht nur wir, sondern auch unsere Kundinnen und Kunden sehen sich mit den Herausforderungen der Energiewende konfrontiert. Gerade die Transformation der Wärmeversorgung ist nicht nur für die Wohnungswirtschaft ein wichtiges Thema. Das geht nun mal nur mit regenerativen Energien auf der Versorgungs- und Energieeffizienz auf der Verwendungsseite“, so Nowak.
Für die von ihr wesentlich mit konzipierte „Roadmap Klimaneutralität“ wurden alle Unternehmen der Energie-Initiative Halle (Saale) Klima-bilanziert und die bisherigen Fortschritte in Sachen Klimaschutz analysiert. Nun plant sie ganz konkret, wie etwa die Dekarbonisierung der Fernwärme umgesetzt werden kann. Zwar sinke ihrer Einschätzung nach zukünftig der Fernwärmebedarf aufgrund von Effizienzmaßnahmen. Gleichzeitig steigt aber die Nachfrage nach Fernwärme. Zur Erreichung der Klimaneutralität im Wärmesektor bedarf es neuer, eben regenerativer Erzeugungskapazitäten. Der Transformationsplan dafür müsse transparent sein, damit alle Partner prognostisch kalkulieren könnten und auch wüssten, dass ihre Wärmeversorgung sicher sei.
Die Transformation, so Nowak, würde gemeinsam mit allen Partnern angegangen – letztlich die Ur-Keimzelle der Energie-Initiative, die deswegen von den 27 Partnern gegründet wurde. Inzwischen seien noch fünf weitere hinzugekommen. Alle ständen vor ähnlichen Herausforderungen.
„Neben den regelmäßigen Treffen zum Informationsaustausch gibt es dafür ja auch die fachlichen Arbeitsgruppe. Sie bearbeitet neben der Fernwärmetransformation verschiedene Energiewendethemen wie E-Mobilität, PV-Dachanlagen und die Wärmeversorgung dezentraler Gebiete. Hier nutzen wir das technische Know-how der Partner“, so Nowak.
Die Wohnungswirtschafterin: Kümmerin in sozialen Belangen
Andrea Drese, Leiterin der Unternehmenskommunikation der GWG Halle-Neustadt mbH, ist einer der größten Energiekunden in der größten Stadt Sachsen-Anhalts. Die GWG ist vorrangig in Halle-Neustadt vertreten, der Wohnungsbestand besteht zu einem großen Teil aus Gebäuden in Plattenbauweise. Die Mieterinnen und Mieter sind auf eine sichere und vor allem bezahlbare Wärmeversorgung angewiesen.
„Wir setzen jetzt bei einem Neubauprojekt mit 250 Wohnungen auf regenerative Energien, um im Vermietungsgeschäft konkurrenzfähig zu bleiben. Die Lösungen dafür haben wir in der Energie-Initiative gefunden“, so Drese. Alle wesentlichen Daten und prognostischen Bedarfe an Wärme wurden dazu ermittelt und in der Energie-Initiative diskutiert.
Die GWG hat dabei schon jetzt einen Vorteil: 93 Prozent der Gebäude wurden seit den 90er Jahren auf Effizienzklasse C getrimmt – auch ein Wert, der weit über dem Bundesdurchschnitt liegt. Das hilft heute schon beim Energiesparen und den Kosten für die Mieterinnen und Mieter.
Fazit: Alle Partner*innen an einen Tisch holen, teils gegensätzliche unterschiedlich Interessen ausgleichen, gemeinsam Daten erheben, interpretieren und damit auf dieser Grundlage gemeinsam den Transformationsprozess planen – der Weg der Saalestadt Halle verspricht Versorgungssicherheit und im Rahmen des Möglichen kalkulierbare Preise. Das wiederum ist unerlässlich, soll die kommunale Wärmewende sozial verträglich gelingen und breite Akzeptanz finden.
Dieser Beitrag erschien erstmals in der Juli-Ausgabe der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK).