Virtuelle Teams arbeiten oftmals ganz ohne persönliche Begegnungen über Standorte und Zeitzonen hinaus zusammen. Für das Vertrauen im Team bedeutet diese Form der Zusammenarbeit eine besondere Herausforderung: Denn Vertrauen entsteht zum einen aus der persönlichen Vertrauensneigung der Teammitglieder – zum anderen aus der wahrgenommenen Vertrauenswürdigkeit im Team.
Spielt das eine Rolle für die Führung virtueller Teams? Eine zentrale sogar! Eine Führungskraft hat über virtuelle Teams weniger direkte Kontrolle (verstanden sowohl als Kontrolle im engeren Sinne als auch Steuerung) als über Mitarbeitende, die persönlich präsent sind. Diese Kontrolle lässt sich nicht vollumfänglich in den digitalen Raum übertragen. Daher ist Vertrauen in virtuellen Teams unumgänglich.
Wie vertrauenswürdig ein Team generell wahrgenommen wird, hängt davon ab, wie Fähigkeiten und Wohlwollen der anderen Teammitglieder eingeschätzt werden und wie transparent ein Team arbeitet. „Ist das Teamvertrauen hoch, hat dies positiven Einfluss auf die Motivation der Mitglieder. Sie teilen dann beispielsweise eher Informationen, fragen nach Feedback und engagieren sich stärker“, erklärt Sabine Blumenstein, Beraterin und Coach für Führungskräfte.
Zwischenmenschliche Beziehungen sind also entscheidend für den Teamerfolg. Auch das wechselseitige Vertrauen zwischen den Teammitgliedern — Führungskräfte eingeschlossen. „In virtuellen Teams werden diese Beziehungen belastet. Digitale Kommunikation übermittelt körpersprachliche Signale nur eingeschränkt. Die Körpersprache gibt Menschen aber wichtige Informationen über den Stand ihrer Beziehungen mit den anderen“, so Sabine Blumenstein.
„Wenn Sie sich als Führungskraft darüber bewusst sind und sich bemühen, durch besondere Achtsamkeit gute Beziehungen der Teammitglieder untereinander und zu Ihnen zu fördern, können Sie das Defizit der digitalen Kommunikation ausgleichen“, erklärt Sabine Blumenstein.
Wie finden Sie als Führungskraft die richtige Balance zwischen blindem Vertrauen und misstrauischem Mikromanagement? Wir haben die fünf wichtigsten Tipps für mehr Vertrauen in virtuellen Teams von Sabine Blumenstein zusammengefasst.
Transparenz im Team sicherstellen. Es gibt zahlreiche Hilfsmittel und Tools, die den Austausch von Informationen ermöglichen. Regelmäßige Updates über den Stand der Dinge tragen zu einer transparenten Arbeitsweise bei. Zudem ist es hilfreich, nicht nur die Stimme einer Person zu hören, sondern auch das jeweilige Gesicht in einer Videokonferenz zu sehen.
Vertrauensvorschuss geben. Gerade in der virtuellen Arbeitswelt bekommen eine freie Arbeitsweise und Zeiteinteilung eine immer stärkere Bedeutung. Wird diese ständig kontrolliert, schwindet das Vertrauen und vermutlich auch die Sympathie gegenüber der Führungskraft. Demzufolge ist eine gute Balance zwischen kreativem Freiraum und Steuerung empfehlenswert.
Hilfe anbieten. Manche Menschen lieben es, im Homeoffice zu arbeiten – und manche hassen es. Die Letztgenannten haben oftmals Schwierigkeiten, sich zu Hause zu motivieren, die Arbeitszeit richtig einzuteilen, sich nicht ablenken zu lassen. Möglicherweise haben diese Mitarbeitenden Angst, ihre Probleme zu artikulieren. Besprechen Sie solche Themen einzeln mit Ihrem Team und bieten Sie Hilfe und Unterstützung bei der Selbstorganisation an.
Mitarbeitende an Ergebnissen messen. Vertrauen entsteht durch Verlässlichkeit. Wenn jemand bestimmte Ergebnisse verspricht und diese dann auch abliefert – und das nicht nur einmal, sondern dauerhaft – festigt sich das Vertrauen in diese Person. Schaffen Sie die geeigneten Möglichkeiten dafür, die Leute auch in der digitalen Zusammenarbeit an ihren Ergebnissen zu messen. Überprüfen Sie regelmäßig gemeinsam, wie gut diese Ziele erfüllt werden. Solange die versprochenen Ergebnisse abgeliefert werden, kann es Ihnen egal sein, wie jemand gearbeitet hat, um sie zu erreichen. Fallen die Ergebnisse nicht so aus, wie besprochen, fragen Sie nach den Hintergründen.
Team-Zugehörigkeit stärken. Eine häufige Sorge von Mitgliedern virtueller Teams ist es, abgekoppelt zu werden. Veranstalten Sie neben den regulären Projektmeetings auch mal gemeinsame Pausen via Videokonferenz. Sie sind der digitale Ersatz für die Plauderrunde in der Teeküche. Die Teammitglieder treffen einander auf dem Monitor, reden über dies und das: Wie war das Wochenende? Auf diese Weise können sie das Bedürfnis nach sozialer Nähe erfüllen.
Sabine Blumenstein ist studierte Betriebswirtschaftlerin – mit den Schwerpunkten Management und Unternehmensführung, Ethik und Organisationspsychologie. Seit 1987 ist sie freiberuflich als Coach, Beraterin und Lehrtrainerin tätig. Sabine Blumenstein begleitet und berät Projektteams in Krisensituationen. Durch Moderations- und Mediationstechniken unterstützt sie Teams auf ihrem Weg aus dem Konflikt.
Erfahrungsberichte, Interviews, Ratgeber: In der Reihe “Digitales Arbeiten – neue Arbeitsmodelle, neue Chancen” teilen Unternehmer*innen, Führungskräfte und Projektleiter*innen ihre persönlichen Erfahrungen und Aha-Momente in der Welt des digitalen Arbeitens.