Dezentral vs. zentral: Wie sieht das Energiesystem der Zukunft aus?

15.05.2024 | Von Charlotte Bolte | Energiewende

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Das zukünftige Energiesystem wird sowohl zentralisierte als auch dezentralisierte Elemente enthalten. Akademien wie acatech und Leopoldina gehen davon aus, dass ohne eine solche hybride Lösung keine zuverlässige, kosteneffiziente und nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen ist.

Was kennzeichnet beide Systeme?

Dezentrale Systeme unterstützen die Energieerzeugung auf lokaler und regionaler Ebene, hauptsächlich durch erneuerbare Quellen wie Sonne und Wind. Sie ermöglichen eine effizientere Energieverwendung und verringern die Notwendigkeit großer Übertragungsnetze, indem sie eine schnelle Anpassung an lokale Bedürfnisse und eine höhere Systemresilienz bieten.

Zentrale Systeme profitieren von den Vorteilen der Skalierung und der Fähigkeit, stabile Energieversorgung zu gewährleisten. Ihre Abhängigkeit von großen Infrastrukturnetzwerken macht sie jedoch anfällig für Ausfälle und erfordert bedeutende Investitionen.

Die Herausforderung besteht nun darin, die dezentral erzeugten Ressourcen effizient in das übergeordnete Energienetz zu integrieren. Dabei darf dessen Zuverlässigkeit nicht beeinträchtigt werden. In der breiten Diskussion heißt es, dies sei beispielsweise durch die Einspeisung volatiler, regenerativ und dezentral erzeugter Strommengen in das zentrale Stromnetz möglich. Das erfordert Investitionen in die Netzinfrastruktur und in digitale Technologien. Nur so lässt sich das immer komplexer werdende Energiesystem beherrschen.

Kommunikation und Beteiligungsformate sichern Akzeptanz 

Digitale Technologien und intelligente Netze sind unverzichtbar für das Zusammenspiel von Erzeugern, Speichern und Verbrauchern, um Effizienz und Widerstandsfähigkeit zu verbessern. Beispiele für dezentrale Projekte umfassen unter anderem Solaranlagen auf Dächern und die Energieerzeugung von Windenergie in landwirtschaftlichen Gebieten. Dabei müssen die Projekte von der Bevölkerung akzeptiert werden. Konflikte wie Flächennutzung, Netzstabilität und gerechte Kostenverteilung erfordern Transparenz und Beteiligung aller Stakeholder*innen und setzt eine gute, frühzeitige Kommunikation und partizipative Ansätze, etwa an Windparks, voraus, die auch schon erfolgreich umgesetzt werden.

Berater*innen und Fachleute spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung dieser Vision. Sie unterstützen bei Planung, Implementierung, Betrieb und der Kommunikation solcher Energieprojekte.

Vorreiter Haßfurt zeigt, wie die Energiewende gelingen kann

Wie man die dezentrale Energiewende vor Ort und den Willen der Bürger*innen zusammenbekommt, hat die Stadt Haßfurt in Unterfranken gezeigt. In Zusammenarbeit mit den dortigen Stadtwerken und den Einwohner*innen hat sie zahlreiche innovative Projekte und Technologien etabliert, um den Anteil erneuerbarer Energien in der Kommune zu maximieren und den CO2-Ausstoß zu minimieren.

Eines der Schlüsselelemente in Haßfurts Energiekonzept ist die umfangreiche Nutzung von regenerativen Energiequellen. Bereits seit den 1990er Jahren fokussiert sich die Gemeinde auf erneuerbare Energien. Insbesondere der Schutz von Natur und Umwelt war eine zentrale Motivation für die frühe Offenheit gegenüber Neuentwicklungen und Pilotprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien.

Haßfurts innovative Energieversorgung: lokale Lösung mit globaler Anerkennung

Dazu gehört unter anderem eine Power-to-Gas-Anlage, die seit Oktober 2016 in Betrieb ist und Wasserstoff mit überschüssigem Strom aus den eigenen Anlagen für Wind- und Solarstrom erzeugt. Im Hafengelände am Main befindet sich dafür ein containergroßer 1,25-Megawatt-PEM-Elektrolyseur. Jährlich speist dieser etwa eine Million Kilowattstunden Wasserstoff in das Gasnetz ein Die Anlage wurde ohne Fördermittel gemeinsam mit dem Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy realisiert und soll ihre Investitionskosten von etwa zwei Millionen Euro innerhalb von zehn Jahren amortisieren​. Dabei helfen auch die Einwohner*innen, die sich an diesen Energieparks beteiligen können.

Haßfurt hat es geschafft, seinen Energieverbrauch durch den Einsatz intelligenter Zähler und die kontinuierliche Anpassung der Energieproduktion an den tatsächlichen Verbrauch zu optimieren. Die Gemeinde produziert fast 90 Megawattstunden Strom aus Photovoltaik, Windkraft, Kraft-Wärme-Kopplung und Biogas. Das sind 208 % des lokalen Verbrauchs. Die Kund*innen der Stadtwerke profitieren von individuell anpassbaren Tarifen für regenerative Energien und günstigeren Strompreisen.

Diese Vorreiterrolle der Stadtwerke Haßfurt bei der Erzeugung Erneuerbarer Energien wurde international anerkannt. Im Januar 2020 würdigte die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien die Bemühungen von Haßfurt durch die Aufnahme in ihr neues Weißbuch. Unter 44 Energieversorgern weltweit sind die Stadtwerke Haßfurt der einzige deutsche Vertreter.

Das Beispiel Haßfurt zeigt, dass eine dezentrale Energieversorgung nicht nur möglich ist, sondern auch zum (gut kommunizierten) Vorteil aller sein kann: Durch eine nachhaltige und verlässliche Energieproduktion zu günstigen Preisen.

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Charlotte Bolte

Charlotte unterstützt Akteur*innen dabei, die Energiewende partnerschaftlich anzugehen. Mit Empathie für individuelle Bedürfnisse befähigt sie alle Beteiligten, sich aktiv einzubringen. Ihr Ansatz liegt darin, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und den Dialog zu fördern.

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