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Einen Arbeitsplatz für alle schaffen

Geschrieben von Caroline Günther | 18.05.2022

Fahrstühle, behindertengerechte Toiletten und breite Türen – das stellen sich die meisten unter Inklusion in der Arbeitswelt vor. Tatsächlich geht sie weit darüber hinaus – wie die Stadtwerke Münster zeigen.

Was bringt der Arbeitswelt Inklusion?

Nach Art. 27 der UN-Behindertenrechtskonvention haben Menschen mit Behinderung das Recht auf die Möglichkeit einer inklusiven Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Doch wie lässt sich das realisieren? Dabei kommt es vor allem auf die Unternehmen an. Darauf, ob sie bereit sind, Menschen mit Behinderungen eine Chance zu geben. Das ist keine Wohltat, nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern vor allem ein wirtschaftlicher Faktor.

Im demografischen Wandel werden diejenigen Unternehmen die Nase vorn haben, die ihren Fachkräftebedarf auf innovative Weise sichern. Das Potential, das Menschen mit Behinderung haben, gilt es zu nutzen: Denn wer kann sich besser in beide Sichtweisen hineinversetzen? Sie können unsere Arbeitswelt, unsere Arbeitsplätze und unseren Arbeitsmarkt durchleuchten in Hinblick auf Chancengleichheit und Zugangsmöglichkeit für Menschen mit und ohne Behinderung.

Inklusive Unternehmenskultur gestalten

Dass Inklusion in der Arbeitswelt gelingen kann, zeigen die Stadtwerke Münster. Für das kommunale Unternehmen ist es normal, verschieden zu sein. Führungskräfte wie Mitarbeitende setzen Inklusion im Unternehmen um, passen Arbeitsplätze an Beschäftigte mit Behinderungen an und bauen Barrieren in den Gebäuden – und in den Köpfen – ab.

Das Ziel dieser beruflichen Teilhabe ist Nachhaltigkeit. Diese gelingt nur, wenn das gesamte Unternehmen inklusiv eingestellt ist. „Inklusion bedeutet, Chancen zu geben. Es geht darum, die Organisation zu bewegen. Was Inklusion im Unternehmen weiterbringt ist die strategische Verankerung und ihre praktische Erprobung“, so Brit Steuss, Personalleiterin bei den Stadtwerken Münster.

Barrieren mit Kommunikation abbauen

„Es ist uns wichtig, dass Menschen mit Behinderung im Unternehmen sichtbar sind. Dazu gehört auch, dass wir ihre persönlichen Geschichten im Intranet vorstellen. Wir kommunizieren offen über das Thema, aber natürlich genauso mit den betroffenen Menschen selbst. Denn: Was Menschen mit Behinderung betrifft, muss auch gemeinsam mit ihnen entschieden werden“, so Steuss. Wer sein Unternehmen inklusiver gestalten möchte, sollte sich erkundigen, was Menschen mit Behinderung wirklich brauchen.

„Als eine junge Mitarbeiterin zwei Jahre nach einem schweren Unfall an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollte, haben wir gemeinsam mit ihr und unserem Schwerbehindertenvertreter geschaut, wie ihr Arbeitsplatz fortan gestaltet sein muss, damit sie gut arbeiten kann – im Unternehmen und im Homeoffice. Sie ist mittlerweile seh- und hörbehindert, arbeitet aber trotzdem wieder vollwertig in dem Bereich, in dem sie vor dem Unfall eine Ausbildung als Industriekauffrau absolvierte“, erzählt Steuss.

Der Schwerbehindertenvertreter der Stadtwerke Münster, der selbst im Rollstuhl sitzt, richtet sich in seiner Rolle nicht nur nach innen – an die Belegschaft – sondern auch nach außen: Er tauscht sich mit Kundinnen und Kunden mit Behinderung über ihre Bedürfnisse aus. „Durch unseren Mobilitätszweig haben wir täglich damit zu tun, unsere Angebote barrierefrei zu gestalten. Das strahlt wiederum nach innen ins Unternehmen, weil die Kolleginnen und Kollegen viel mehr aus dem Alltag von Menschen mit Behinderung und ihren Anliegen mitbekommen“, erzählt Florian Adler aus der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke Münster.

Inklusion ist ein Führungsthema

Beim Thema Inklusion ist es übrigens wie bei allen Themen rund um Vielfalt und Chancengleichheit: Sie müssen als Führungsthemen wahrgenommen werden. Inklusion von Menschen mit Behinderung gelingt nur, wenn die Geschäftsführung sich ausdrücklich für eine Barrierefreiheit einsetzt und alle dahingehenden Maßnahmen unterstützt und initiiert.

Unternehmen müssen Strukturen schaffen, die auch Menschen mit Schwerbehinderung die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsleben bietet. Das betrifft nicht nur bauliche Gegebenheiten und die technische Ausstattung eines Arbeitsplatzes, sondern auch Prozesse, Arbeitszeitregelung und Führungsstil.

Es ein erster Schritt, Mitarbeitende mit Behinderung einzustellen, aber es muss auch darüber hinaus gehen. Diese Menschen sollten, genau wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gefördert und ermutigt werden, sich beruflich weiterzuentwickeln und können so den für sie und das Unternehmen besten Platz in einer Fach- oder Führungsposition finden.

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Mai-Ausgabe 2022 der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK).